Tanzbilanzen: Eine Langzeitstudie 
Ein Projekt von Pedro Malinowski

 

P R O L O G

 

Dieses Projekt beschäftigt sich mit den Biografien von Tänzer*innen nach ihrer aktiven Tanzlaufbahn.

Die wenigsten von ihnen machen sich Gedanken darüber, wie lange eine Tänzerkarriere dauern kann und was danach eigentlich passieren soll. Wie verdienen die vormaligen Tänzer*innen ihren Lebensunterhalt? Vermissen sie das Leben als Tänzer? Wie haben sich ihr Leben und ihre Lebensqualität verändert?

Am Beispiel von 15 Interviews mit ehemaligen Tänzer*innen wird ergründet, wie diese mit dem Bruch in ihrer Karriere umgehen und was er mit ihnen gemacht hat.

Finden sie sich zurecht in ihrem „neuen Leben“ als nicht-tanzender-Mensch? Haben sie noch Berührungspunkte mit der Tanzwelt? Hat sich ihre Beziehung zu ihrem eigenen Körper geändert? Positiv oder Negativ? Hadern sie nun vielleicht mit ihrer Entscheidung, Tänzer*in geworden zu sein, angesichts der relativ kurzen Laufbahn?

Ich selbst habe während meiner eigenen Tanzlaufbahn eine Karriere als Fotograf parallel weiterverfolgt. Während meiner Arbeit in verschiedenen Tanzkompagnien habe ich von zahlreichen Kolleg*innen Porträts angefertigt. Nun, drei, zum Teil vier Jahrzehnte später, habe ich einige meiner ehemaligen Tanzgefährt*innen wieder getroffen und erneut portraitiert. Zudem habe ich mit ihnen Interviews geführt, in denen sie über ihren Werdegang und ihr Leben nach der aktiven Laufbahn sprechen.

Noch in den 1990er-Jahren wurde Ballett so unterrichtet, als würde man zum „Star“ ausgebildet. Gerade in der klassischen Ballett-Abteilung wurde man zur Solist*in gedrillt. Es gab nur das Tanzen. Die junge Leute wussten oftmals nicht, was tatsächlich auf sie zukommt und haben bei all dem Konkurrenzdruck auch nicht in Erwägung gezogen, dass auch das Leben als Gruppentänzer*in beglückend sein kann. Das frühe Ende der Tanzkarriere, in der Regel spätestens mit 40 Jahren, wurde meist nicht thematisiert.

Mit dieser Arbeit möchte ich die Erfahrungen meiner ehemaligen Kolleg*innen an nachfolgende Generationen von Tänzer*innen weitergeben.

Seit über einem Jahrzehnt habe ich meine Tänzerkarriere beendet und arbeite nun ausschließlich als Fotograf, v. a. im Theaterbereich. Ein Schwerpunkt meiner künstlerischen Arbeit ist die Porträtfotografie. Mit diesem Projekt verschmelzen meine beiden künstlerischen Ausdrucksmittel.

Ich persönlich übrigens möchte meine Zeit als Tänzer nicht missen, es war eine tolle Zeit! Aber ich bin sehr froh, dass ich gleichzeitig an meiner Fotografenkarriere festgehalten habe.

Das Projekt führe ich mit Unterstützung von Dr. Swantje Eigner-Thiel durch. Sie ist Diplom-Psychologin und Wissenschaftlerin, arbeitet an der Hochschule im Bereich „Dorfforschung“ und hat schon viele, u. a. auch biografische Interviews geführt und ausgewertet. Sie wird die wissenschaftliche Auswertung durchführen.

Letztlich ist geplant, ein Buch über Tänzerbiografien zu schreiben, einen Bildband mit kurzen Texten herauszugeben.

Gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien im Programm NEUSTART KULTUR, Hilfsprogramm DIS-TANZEN des Dachverband Tanz Deutschland.

(EN: „Funded by the Federal Government Commissioner for Culture and Media within the framework of the initiative NEUSTART KULTUR, aid programm DIS-TANZEN by the Dachverband Tanz Deutschland“)