Olaf Reinecke

Interview vom 11. April 2022

Olaf Reinecke, Mainz 2022

Motivation

Warum bist du Tänzer geworden…?

Ich kann erst mal erzählen wie ich Tänzer geworden bin. Dass warum stelle ich erstmal hinten dran.

Ich bin als kleiner Junge, laut Aussagen meiner Eltern, immer wenn es Musik gab, im Wohnzimmer herum gesprungen. Auch vorm Fernseher hab ich mich bewegen müssen. Ich musste mich immer zur Musik bewegen. Ich war sowieso ein Kind, das viel draußen war und sich viel bewegen müsste. Es ging erstmal hauptsächlich um Bewegung.

Und weil meine Eltern immer gerne mich fördern wollten, müsste man auch diese Aspekt fördern. Daraufhin hat meine Mutter die Idee, mich, gemeinsam mit meiner Schwester, zur einen Kinder Tanzschule hinzubringen.

Was ich dann als einziger männliches Mitglied dieser Tanzschule Jahrelang gemacht habe.

Es war kreativer Kinder-Tanz, kein Ballett, sondern „Pusteblume“ oder so Sachen. Und genau dass hab ich einmal die Woche gemacht.

Auf dieser Kinder-Tanz-Schule hab ich dann meine Partnerin kennengelernt, mit der ich Turnier, im Bereich Standard und Lateinamerikanisch, im Alter von 11 bis 18 Jahre,  gemacht habe(n).

Und wenn wir das „tanzen“ jetzt mal weit fassen, dass war das erste Mal, dass so eine Idee, was mit Tanz beruflich zu machen, aufkam. Also die Frage, ob ich dass Tatsächlich vielleicht später mal professionell auch machen würde, diesen Gesellschafts-Tanz.

Aber diese Idee, dadurch ziemlich abrupt seine Ende fand, indem ich festgestellt hab, dass dieses „Menschen bewerten Menschen“, in einer doch eher künstlerischen Sache, nicht funktioniert. Woraufhin wir beide von einem Tag auf den anderen aufgehört haben.

Und Dann habe ich Sport Wissenschaft studiert. Da gab es ganz viele mit Tanz, die ich immer mal ausprobiert hab. Dadurch bin ich dann, eigentlich total zufällig Tänzer geworden, muss ich immer noch sagen.

Durch die Leute, die an der Uni unterrichtet haben, bin ich auch mal beim so ein modern Training in Hamburg gewesen. Kurz danach, habe ich einen Anruf von Viktoria Hauke auf dem Anrufbeantworter gehabt. Die gesagte dass sie einen Mann, einen Tänzer für ein Projekt sucht. Ich war völlig verwirrt, weil ich mich überhaupt weder als Tänzer gesehen hab noch irgendwie vorhatte mich als solche anzubieten. Ich hab sie dann zurückgerufen und gesagt „…ja Hallo Victoria, das ist ja total nett, dass du mich angerufen hast, aber ich bin kein Tänzer…“ Sie antwortete dass sie was von einer Kollegin über mich gehört hätte, und ich soll doch mal vorbeikommen und wir könnten ja mal gucken, ob da irgendwas draus wird. Offensichtlich hatte ich mich gar nicht so doof in dieser offenen Klasse angestellt.

Ich bin also dahin gegangen, naja, und hab tatsächlich meinen ersten Job bekommen!

Zur diesen Zeitpunkt habe ich noch gar nicht gedacht, dass ich es zum Beruf machen würde.

Noch Jahre danach, wenn ich irgendwelche Fragebögen, die Frage, ausfüllen sollte „was machst du beruflich“ habe ich noch „Student“ oder „Sport Wissenschaft“ geschrieben, obwohl ich schon längst nicht mehr studiert habe, denn das war überhaupt noch kein Ziel zu sagen, ich würde Tänzer werden, und habe auch ganz lange nicht geschrieben das ich Tänzer bin, weil ich auch total Respekt davor hatte.

Ich kann doch nicht behaupten ich bin Tänzer, nur weil ich das jetzt zufällig beruflich mache. Also wenn ich behaupten sollte, ich bin Tänzer, muss ich ja eigentlich ‘ne Ausbildung gemacht habe. Also ich denke wenn ich, na ja, jetzt behaupte, ich bin Chirurg, na ja gut, da muss ich studiert haben und dies und jenes und das und das alles gemacht habe. Ich kann ja nicht einfach sagen ich bin Chirurg, oder ich bin Versicherungsmakler… Also das ist so, das war mir völlig fremd zu sagen ich mache einen Beruf ohne da, gefühlt irgendwas dafür getan zu haben.

Wobei ich hab mich immer gerne bewegt und hab immer ‘ne Affinität dazu gehabt.

Und ja, ich war Deutscher Meister in Standart Tanz, und Siebter Europaweit. Aber was ich auch immer wieder festgestellt habe, ich finde diese Welten sind sehr getrennt, also es gibt so ganz viel einfach voneinander getrennte Tanz-Welten. Und das finde ich immer ganz spannend. Also so wie diese Gesellschafts-Tanzwelt eben nichts mit Theater-Tanz zu tun hat, hat auch Ballett mit manchen modernen Sachen oder mit Street Dance oder mit weiß ich nicht was zu tun. Das hat sich inzwischen mehr und mehr vermischt, habe ich das Gefühl, aber grundsätzlich gibt es diese Nebeneinanderherlaufen Welten die eigentlich nichts miteinander zu tun haben.

Wie gesagt, so bin ich zu meinem ersten Job gekommen. Danach, über Jan Pusch, bin ich zu Juliane Rösler und ihre „Tanz Kompanie Lübeck“ gekommen. Da fing es richtig an dass ich ja nichts anderes mehr machte als tanzen. Irgendwie habe ich dann sogar am Stadttheater in Lübeck gastiert und hab aber immer noch nicht von mir behauptet ich wäre Tänzer.

Ich hab den Job Vollzeit, und auch wirklich nichts anderes gemacht, aber immer noch nicht behauptet ich bin Tänzer.

Ich war dabei also dass zu machen was mir Spaß machte und was ich immer gerne gemacht hab, mit den Fähigkeiten die ich besaß: mich bewegen, mich mit meinem Körper zu beschäftigen und auszudrucken, Dinge auszuprobieren, überall runter springen und rauf klettern und ja, einfach sowas, was ich Kinder grundsätzlich unterstellen würde, dass Sie gerne machen.

Dieses „ich bin Tänzer“ hab ich gar nicht so wahnsinnig ernst genommen, sondern das war eigentlich immer noch eher so dieser Spaß an neue Sachen rausfinden und Sachen auszuprobieren: wie kann ich irgendwas machen? Was kann ich noch anders machen? Ja, das war immer so mehr der Spaß am Ausprobieren und am Miteinander irgendwas machen, viel mehr als ein ernsthaftes Beruf nach zu gehen.

Ja, und ich hab es auch während der Zeit als Tänzer immer so gesehen, und glaube ich auch immer so formuliert, dass ich gesagt hab, ich mach das jetzt solange es funktioniert und ich dran Spaß habe, und sollte ich irgendwann mal keinen Spaß mehr dann haben, dann kann ich auch gerne aufhören, und irgendwas anderes machen woran ich Spaß hab.

Ansonsten war ich, was die beruflichen Alternativen angehen, ziemlich Blauäugig und ungeplant. Also, alles was mit Sport und Bewegung zu tun hatte hat mich immer interessiert, sowohl aktiv als auch passiv. Ich habe auch gerne Sport und so Sachen geguckt und von daher hätte ich mir auch gut vorstellen können, darüber zu schreiben.

Sport Journalistik, das hätte ich mir tatsächlich vorstellen können. Eigentlich hab ich tatsächlich auch vorher schon für die Zeitungen geschrieben. Das habe ich von meiner Schwester geerbt, die bei der Zeitung in Norderstedt einen Job hatte.

Aber richtige alternative hatte ich nicht.

Ich hatte keine Angst vor den „danach“. Irgendwas  wird sich schon ergebe. Ja also wirklich, ich hatte jetzt kein Angst, „oh Gott, und ich weiß nicht was ich will und wohin mich das bringen soll“,  also nö, lief doch.

Wie war Dein Leben als Tänzer?

Ich hab also in Lübeck angefangen. Hab dann im Ruhrgebiet viele Sachen gemacht. Ich war, muss ich dazu sagen, in der Zeit als Tänzer, tatsächlich immer freischaffend. Also ich war ja nie fest engagiert irgendwo. Höchstens immer wieder mal als Gast am Städtische Theatern. Im reinen Tanz Ensembles habe ich zum Beispiel für das Oldenburger Ballett und auch in Braunschweig gastiert.

Ansonsten habe ich auch viel Oper und Operette und so gemacht, in Köln, Düsseldorf, Dortmund, Bonn, in weiß ich nicht mehr, Frankfurt und so.

Habe in Wien viel mit Chris Haring zusammen gearbeitet. Wenn ich das zusammenzähle, habe ich bestimmt Anderthalb Jahre oder so in Wien am Produktionen mitgearbeitet.

Was war gut, was hast Du Dir vielleicht anders vorgestellt? Was gab es ggf. für  Probleme, was war besonders schön, was ist in besonders guter Erinnerung geblieben?

Dieses Projektbezogene Arbeit in der Freie Szene bringt verschiedene Aspekte mit sich. Generell hatte ich häufig das Gefühl, ich beschreibe das immer gerne so wie Klassenfahrt oder Schulausflüge oder so was, wo man mit Leuten unterwegs ist und was zusammen, gemeinsam was erlebt. Man erlebt sehr intensiv mit Leuten was zusammen. Und da ist es schön.

Was zum Teil dann auch so zwiespältig ist wenn sich das auch länger Fristig zieht, oder über mehrere Produktionen, wenn man sich dann auch wieder sieht und in anderen Konstellationen und so, das habe ich sehr geschätzt. Zumindest mit Leuten, mit denen man das Genossen hat. Es gibt natürlich auch Leute, wo man sagt, die möchte man lieber auf Dauer nicht wiedersehen, doch, das gibt es auch.

Aber es ist auch total anstrengend auf eine andere Art, sich immer wieder so schnell zu öffnen und einzulassen, in dem Wissen man gibt so viel von sich und lässt sich so auf Sachen ein.

Es ist aber sehr endlich, es ist sehr schnell dann auch wieder vorbei, und man wird eben wieder rausgerissen aus dem wo es einem Gut gefallen hat, und wo alle so viel Reingegeben haben und

ja, dann ist das Projekt vorbei.

Was auch schön ist, also eben dieses was generell, glaube ich ja, viele Tänzer auch haben, dass man was geschaffen hat, in dieses so wahnsinnig flüchtige Zeitspann, mal eben passiert, wirklich nur in diesem Moment und dann ist es halt weg, du kannst es also nicht festhalten.

Was eine Zeit lang sehr spannend war, eben dieses überall woanders mal sein, und mal zu gucken wie es da ist und wie es dort ist, und neue Leute kennen lernen und so was, wird mit der Zeit aber immer mehr dem gewichen „wo ist mein Mittelpunkt“-Gedanken, oder bin ich nur am schweben so in der Welt umher? Wo bin ich zu Hause? Wo ich „Ich“ sein kann und mit irgendwas, was meins ist. Oder bin ich nur immer en Teil von irgendwas anderem, was außerhalb von mir ist? Wo bin ich eigentlich so als „Ich“ und eben nicht nur als Teil von irgendeiner Konstellation von anderen Menschen.

Dass, was ich am meisten mitnehme und was ich sehr wert schätze, was ich so sonst bestimmt nicht gehabt hätte, ist dass, dadurch das ich unglaublich viele Menschen aus total vielen Kulturen kennengelernt habe, wo ich auch wirklich denke, so wow, da hab ich ‘n sehr breites Bild von Menschen kennengelernt und von Hintergründen, von Ideen, vor die Welt und dass Zusammenleben und ein ganzen Spektrum vom politisch und gesellschaftlich- oder persönliche zusammenhänge.

Also dass ist, glaube ich, dass, was ich so am meisten davon mitnehme.

Und dass ich ganz viel wirklich tolle, tolle Begegnungen mit Mitmenschen hatte.

Dadurch, dass die Arbeit so intensiv und auch so nähe ist, gibt es ganz viele Menschen, zu denen ich mich ungeheuer verbunden fühle. Selbst wenn ich die 10 Jahre nicht gesehen hab, behalte ich so ein ganz, ganz schönes warmes Gefühl denen gegenüber, und fühle mich denen sehr verbunden.

Es ist nur leider so, dass dieser Begegnungen manchmal so intensiv aber kurz waren, dass es sich nicht weiter getragen haben. Und wieder war man auseinander gerissen und zur neuen Konstellationen zusammengeworfen…

Wann hast Du aufgehört zu tanzen? Und aus welchem Grund.

Es musste im Juni 2019 gewesen sein, dass ich zum tanzen aufgehört hatte. Es war tatsächlich das Ergebnis von einem längeren Prozess. Einerseits, dass ich bemerkt habe, ich möchte mich nicht mehr mit den Jüngeren messen müssen. Ich hatte das Gefühl, so ne, also dass sollen jetzt die jungen Leute machen. Die sollen sich jetzt mal immer wieder zum Boden schmeißen und sich wehtun. Dass wurde mir langsam zu anstrengend.

Nee also, dass war mir, von dem körperlichen Aspekt, genug.

 Was vermutlich in meiner Person liegt ist, dass ich schnell, in Anführungsstrichen, „gelangweilt“ sein kann von Sachen, und irgendwie so neue Sachen ausprobieren muss und neue Sachen erfahren muss.

Häufiger hatte ich dass Gefühl dass ich gar nicht mehr weiß warum, oder auch was bringt mir das noch, wo soll mir dass tanzen noch hinbringen. Ich hab jetzt so viel gemacht, und es wiederholen sich dann auch Sachen und viele Sachen interessieren mich einfach nicht mehr.

Wenn es dieser inneren Drang nicht mehr gab, noch weiter machen zu müssen, weil mich das irgendwohin bringt, sondern dass ich das Gefühl hatte, ist meine Tanzgeschichte jetzt auch auserzählt.

Wie hat sich das Leben dann geändert? Welchen Beruf hast du dann gewählt? Was hat sich privat geändert?

Naja, beruflich hat sich (jetzt wo ich nicht mehr tanze) einiges geändert. Ich bin jetzt tatsächlich das erste Mal fest angestellt am Theater, was ich ja nie wollte. Eben, glaube ich, auch aus dieser Idee heraus immer neue Sachen erfahren zu wollen und mit neuen Leuten neue Erfahrungen zu machen, weshalb ich mich immer dagegen gesträubt hab, fest am Theater zu sein, weil ich immer dachte, dann wirst du in einer Schubladen gepackt und dann bist du unfrei. Und das hat mir immer widerstrebt.

Ich bin jetzt Inspizient am Theater und hatte erst tatsächlich so ein bisschen überlegt, ob man das freiberuflich machen sollte,  aber das hat sich dann auch quasi wieder so ergeben, dass das erste Theater, wo ich als Inspizient gearbeitet hatte, was Bielefeld war, es so nett gewesen war. Von daher hat sich so ergeben, dass ich jetzt am Theater fest bin.

Ja, da haben sich natürlich ganz viele Sachen geändert: Ich beweg mich wenig.

Ich merke schon, dass ich den Körperlichen Bewegung brauche. Es gibt bestimmte Bewegungen die, wie ich merke, braucht der Körper noch damit es einem gut geht. Also, der Körper hat das alles irgendwo gespeichert und man muss also bestimmte Sachen einfach machen. Ja, muss ich. Aber längst nicht mehr auf so einem intensiven körperlichen bewegungs-Niveau, nee, überhaupt nicht, also das auf keinen Fall.

Ich finde es spannend, jetzt diesen Theater und Bühne Bereich noch mal mir einfach von der anderen Seite anzugucken. Dass finde ich schon interessant, der früher immer so nebenher passiert ist wo man wusste ja, den gibt es wahrscheinlich irgendwie, aber der, für das eigene tun, immer so nachrangig war, obwohl er wie man dann jetzt von einer anderen Seite feststellt, doch ziemlich wichtig ist.

Gegen Ende der Tanz Karriere, wenn wir es so nennen wollen, hat sich ja einiges schon ein bisschen geändert, was ich ja vorhin auch gesagt hab, dass es mir irgendwann gereicht hat also dieses Ganze hin und her Gereise. Wo ich auch dachte, so, das ist jetzt genug. Auch dieses nicht zu wissen wo gehöre ich hin, immer bei irgendwelchen Leuten wohnen und nicht das eigene zu haben, Immer Kompromisse machen zu müssen. Das hat sich auf jeden Fall geändert.

Und obwohl die Regisseure und Regie-Teams und so, hin und her reisen, es gibt jetzt ‚n konstanteres Umfeld, nennen es wir mal so, es gibt halt weniger Wechsel. Was ich, so wie es im Moment ist, sehr schätze, dass sich Sachen entwickeln können, und dass Menschen vor Ort sind, und man nicht immer nur für einen kurzen Moment zusammen ist und dann alles wieder auseinander fliegt, sondern dass man halt sagen kann, es ist über einen längeren Zeitraum, wo sich die Beziehungen aufbauen können.

Man kann sich eben auf so einem normal Level Kennenlernen, würde ich mal sagen, und nicht so auf diesem wahnsinnig intensiv, in kurzer Zeit, und es muss irgendwie, und so wahnsinnig elektrisch aufgeladen. Sondern es hat so was ruhigeres. Was ich jetzt gar nicht positiv oder negativ werten, sondern einfach mal nur so beschreiben will. Also es gleitet mehr so dahin. Dass Stelle ich irgendwie fest. Und das passt gerade ganz gut zu meiner jetzige Bedürfnissen, glaube ich.

Würdest du sagen, dass deine Lebensqualität sich verschlechtert hat, oder gar verbessert…?

Es ist jetzt den Dritten Jahr, das ich Inspizient bin. Es ist noch relativ frisch. Es ist auch tatsächlich wieder so, wie ich’s auch bei Tanz gesagt habe, ich mach das jetzt, weil ich das auch gerne machen wollte, weil mir dass Spaß macht, aber auch da weiß ich nicht, ob dass jetzt die Letzte Station war, oder ob ich nicht in 4 Jahren feststellen, äh, da muss auch noch wieder was Neues kommen, das reicht mir auch, das ist mir zu langweilig oder ich zieh da zu wenig für mich raus… Ich weiß nicht, weiß ich nicht, vielleicht will ich mich da auch nie so festlegen.

Ob mein Lebensqualität sich geändert hat, also zum besser oder schlechter, weiß ich nicht. Dass würde ich gar nicht bewerten. Also, es ist anders, natürlich ist es anders, und es ist eben meinen aktuellen Bedürfnissen mehr angemessen. Also wenn ich mir jetzt vorstelle, ich müsste noch als Tänzer durch die Gegend reisen, das wäre nicht dass was ich wollen würde, also von daher die Tanz-Phase ist eben einfach wirklich abgeschlossen.

Am Anfang meiner Inspizient Dasein habe ich tatsächlich ein Bisschen Schwierigkeiten gehabt, was vielleicht auch mit diesem Tänzer sein zu tun hat, indem man ja immer von außen mit seinen Mängeln und Marken konfrontiert ist. Also dieses, naja, immer so dieses, Ich bin nicht gut genug, ich kann dieses und jenes nicht. Dass ist also aus der Geschichte heraus, wo ich ja auch sagen müssen dass ich eben kein Balletttänzer bin, dass ich kein Ballett kann und so. Und wo ich natürlich als Inspizient ja auch keinerlei Erfahrungen erstmal hatte, und dann eben auch, dass ich nicht mal richtig Noten lesen kann denn ich hab halt keinen musikalischen Background, ich kann dieses nicht, ich kann jenes nicht und wo ich auch lange gebraucht hab, oder vielleicht sogar immer noch brauche, was ich vorhin auch gesagt habe mit diesem, ich habe lange gebraucht, um zu behaupten Tänzer zu sein, brauch ich auch immer noch um zu sagen „ich bin Inspizient“, weil ich auch da vielleicht mein eigener Anspruch nicht genüge. Eben sagen würde, ich muss erst mal so und so gut sein, gar nicht für andere, sondern für mich, um mit Selbstbewusstsein sagen zu können, so, ich bin das.

 Tanzt du noch? Wie bleibst du fit?

Corona bedingt gab jetzt auch keine Premieren feiern oder irgendwas, wo man mal getanzt hätte, jetzt außerhalb von „ich mach irgendein Training“ oder so was, was ich tatsächlich nicht tue, bleibe ich nicht fit. Ich trainiere nicht. Ich mache ab und an mal 3 Yoga Übungen am morgen oder so wenn‘s mich völlig überkommt, und ansonsten halte ich mich nicht fit. Ich fahr jetzt Fahrrad zum Theater und zurück, den Berg hoch und ich gehe gern spazieren, aber nee also ich halte mich tatsächlich nicht fit.

Wie findest du dich zurecht in deinem „neuem“ Körper…? Hat sich die Beziehung zu deinem eigenen Körper geändert? (Zum Guten, zum Schlechten…?)

Mein Körper, ist auf jeden Fall ein anderer. Es sind zwischen 8 oder 10 Kilo mehr, glaub ich, also von daher, ja, es ist ein anderer Körper, auf jeden Fall. Was nicht leicht ist. Wo ich weiß doch wie fit und sportlich ich war und auch ausgesehen hab, und ich jetzt feststelle, dass Fahrradfahren oder Treppensteigen oder so, mir zeigen dass ich einfach überhaupt nicht fit bin, Also bin ich nicht, definitiv nicht.

Es ist, wie gesagt, ein anderer Körper, aber ich glaube, ich würde nicht sagen, dass sich die Beziehung zur eigene Körper geändert hat. Das Spannende ist, das dass Gefühl noch da ist, so dass ich genau weiß, wie sich das alles anfühlt. Alles was ich auch gemacht habe ist irgendwie eingeschrieben und eingespeichert, ohne dass ich jetzt das Bedürfnis habe irgendjemandem zeigen zu müssen oder mir beweisen müsste, dass es da ist. Aber dieses Gefühl Ist einfach da, sowie dieses Bewusstsein. Ja, ich bin ein Tänzer, der das aber jetzt aktiv nicht mehr ausführt.

Ja, dass finde ich gerade eine sehr interessante Überlegung, ob man nicht Tänzer „IST“. Ob es tatsächlich nicht so eine Grundsätzliche Sache ist, und es ist völlig egal ob du es machst oder ob du es nicht machst, du bist es einfach. Dass finde ich jetzt wirklich spannend hier weil, so wie ich nie behauptet hätte, dass ich Tänzer bin, würde ich jetzt auch nicht behaupten, dass ich es jetzt nicht bin, obwohl ich es nicht beruflich mache, genau.

Ich glaube auf jeden Fall dass Tänzer*innen ein anderen Körpergefühl haben als Nicht-Tänzer*innen. Wobei jetzt auch da würde ich behaupten, es gibt vermutlich auch ganz viele Tänzer*innen die nie in ihrem Leben tanzen werden. Und dass ist vielleicht was es besser trifft, weil, ich glaube da gibt es ein Grundsätzliches Körpergefühl und Körperbewusstsein. Also dass Ist vielleicht eher das Entscheidende, also zumindest für mich gewesen.

Im Studium, an einem Seminar wo es und Tanz ging, war mal die Frage, ob nicht alle Menschen tanzen müssten, weil das doch gut wäre, weil, dann würden sie dieses und jenes Erfahrungen machen können. Wo ich immer gedacht hab, nee, das glaub ich nicht, man muss für sich halt einfach, was seine eigenen Bedürfnisse sind und so, muss man sein einen Weg finden, wie man mit sich und seinen Gefühlen und seinem Körper umgehen kann und dass kann für jemand anderen was völlig anderes sein. Es muss nicht jeder tanzen.

Darum weiß ich jetzt gar nicht, ob man sagen könnte, es gibt grundsätzlich Tänzer und nicht Tänzer. ich glaube schon, dass, wenn du den Beruf machst, diese innere Leidenschaft, nennen wir es mal so, wenn du aus einem inneren Drang machs, dass du es auch machen musst. Dann bist du dass, dann hast du dieses bestimmtes Körperbewusstsein und Körpergefühl. Glaube ich.

Natürlich entwickelst du es mit den Training weiter, aber dass muss, glaube ich, grundsätzlich da schon angelegt sein.

Was ist mit deinem Körper passiert, nachdem du mit dem aktiven Tanzen aufgehört hast…? Fühlst du dich noch als „Tänzer“? Wie fühlt sich überhaupt ein Tänzer? Fühlst du deinen Körper noch als „Tanz-Körper“? Ist dein Körper jetzt anders?

Also, jetzt wo ich nicht mehr tanze, funktioniert mein Körper so gut wie er funktionieren muss. Also so für das normale Leben. Es ist doch mein Körper, aber er ist eben anders, also er ist nicht mehr so wie er war. Von der Beweglichkeit oder so, aber für das normale Leben und dass, was ich beruflich tue, reicht dass so. Ich hab ja nicht mehr diesen Anspruch, ich muss dem niemanden mehr zeigen, und musst da halt auch nicht in irgendeinen Wettstreit treten mit irgendjemandem, also von daher so für meine persönlichen Belange reicht es, wie gesagt, so wie er ist. Na ja, paar Kilo, gut, weniger nähme ich, aber ich weiß natürlich auch was das heißen würde, wenn ich den Körper wieder haben wollen würde, so wie er war. Und da muss ich aktuell sagen, da wäre ich nicht bereit für, dass zu leisten dafür.

Hast du noch Berührungspunkte mit der Tanzwelt…?

Ich dachte erst immer, na ja, dass ist jetzt doch schön, du kommst in ein Theater und hast ein Tanz Ensemble da, und so hast du Berührungspunkte mit deiner Sparte. Also wo man denkt, dass müssten ja eigentlich die Leute sein, mit denen du so am nächsten zu tun hast, und mit denen du dich beschäftigst. Aber, davon ausgesehen dass ich eine Frau habe dass sich noch sehr intensiv mit der Tanzwelt beschäftigt, muss ich eben auch da feststellen, dass, sowohl in Bielefeld als auch jetzt in Mainz, sind die Leute, mit denen ich am wenigsten Verbindungen habe, und auch wirklich tatsächlich am wenigsten Verbindungen spüre, weil die natürlich alle vom Alter her viel, viel jünger sind. Also, mit den Kollegen der Technik, oder mit den älteren Sängern und Schauspielern und so, habe ich das Gefühl, mit denen verbindet mich viel mehr als mit den Tänzern aus dem Ensemble.

Das ist also, der Kontakt, den ich mit den Tanzensemble noch habe. Ich schau mir Tanz wahlweise noch ganz gerne an, wobei es mich mittlerweile vieles langweilt, also wo ich denke, ja, hab ich schon gesehen, interessiert mich nicht, weiß ich wie es gemacht wird. Als ich selber noch aktiv war, war ich noch mehr hinterher, mich damit zu beschäftigen. Dass ist auch weniger geworden.

Würdest du etwas über deine Psyche erzählen, in Bezug auf das Tanzen, hat sich da etwas geändert?

Einen Punkt was, wie ich glaube mit Psyche zu tun hat, ist die Frage ob du als Tänzer auch so ein selbst Darsteller sein muss, der sich nach außen, vor Publikum projektieren muss, wo ich nie das Gefühl hatte, dass das so ein treibender Aspekt bei mir ist, wo ich generell sagen würde, ich bin eher schüchtern und nicht extrovertiert. Mir hat es daher vielleicht Geholfen dem sich auszusetzen, und auf der Bühne mich behaupten zu müssen. Wobei als Darsteller, du dich natürlich ja auch immer hinter einer Rolle versteckst. Wo ich das Gefühl hatte, oder habe, das es mir ein bisschen von mir selber weggebracht hat. Dass kann man positiv und negativ sehen. Dadurch dass ich halt ständig in andere Rollen bin, entferne ich mich von dem, was eigentlich „ich“ bin. Oder  in dem ich mich damit beschäftige, jemandem zu gefallen, oder jemandes Werkzeug zu sein. Andererseits, kann man das natürlich auch positiv sehen im Sinne von, ja natürlich gibt dir dass Chancen, dich noch ganz anders zu entwickeln, als wenn du eben immer nur, in großen Anführungsstrichen „du selbst bist“ so ‘ne, das bringt dich natürlich auch ganz woanders hin.

Das ist ja auch eine Frage: Ist Inspizient nicht auch nur eine Rolle? Also, was ich am Anfang tatsächlich immer gern gesagt habe, ein Stück weit ist das auch immer noch so dass Ich behaupte das ja auch nur. So wie du auf der Bühne behauptest etwas, behaupte ich „Inspizient“ auch nur.

ich tue so, als ob ich es wäre, und alle glauben es, und ich hoffe, dass mir keiner dahinter kommt, dass ich es eigentlich gar nicht kann. Also, das ist ein Stück weit immer noch so, aber es ist natürlich ein ganz anderes behaupten.

Inwiefern bist du zufrieden mit deinem Leben, alles zusammen betrachtet?

Dafür, dass ich mein Leben ja überhaupt nicht so geplant habe, sondern sich vieles einfach so ergeben hat, bin ich schon sehr, sehr zufrieden und dankbar, so wie es war, auf jeden Fall.

Und dass sich so tolle Sachen ergeben haben, und so vieles machen konnte und durfte und so viele Erfahrungen gemacht hab, Leute kennengelernt hab.

Hattest du im Voraus schon Pläne fürs „Danach“ gemacht…?

Und auch weil ganz viel worum es in diesem Gespräch ging, sich die Frage immer stellt, für so einen Beruf wo ja, der ist irgendwann endlich, und wo natürlich die Frage ist: Und was kommt dann?

Man stößt sie natürlich immer ein bisschen weg, weil man sich nicht damit beschäftigen will.

Aber die Frage schwebt natürlich irgendwie da drüber, und ich hätte sie aber nicht beantworten können, sondern was ich am Anfang ja gesagt hab, ich hab so dieses Grund vertrauen, das irgendwas kommen wird, aber ich hätte dir überhaupt nicht sagen können, was das sein wird.

Nein, es gab auch da wirklich überhaupt keinen Plan B.

Und weil irgendwas muss man ja machen, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, war die Frage, die sich noch nicht wirklich konkretisiert hatte, na ja, was könnte es sein, was nichts mit Theater oder Tanz oder so zu tun hat? Tatsächlich hatte ich nicht viele Antworten dazu. Und wenn ja, was könnte das sein? Wenn alles anderes ausscheidet, was gibt es denn im Bereich Theater, was mich interessieren könnte? Tatsächlich gab einige Sachen, die ich mir hätte vorstellen können, die dann an unterschiedlichen Sachen gescheitert sind. Ich hätte mir sowas wie Tanz-Dramaturgie tatsächlich vorstellen können, wo es aber relativ wenig Bedarf gibt, wenig Stellen gibt.

Wass mich immer auch sehr interessiert hat ist Beleuchtung. Wo ich aber dachte, das ist jetzt wieder so ein „Olaf“ denken, wenn du jetzt anfängst und dann müsstest du ja eigentlich von der Pike auf an erstmal dieses ganze technische dahinter, und dann müsstest du eine Ausbildung machen, und bis du das alles gemacht hast gehst du auch in Rente, und außerdem möchte ich dann eben nicht wieder mit irgendwelchen Anfang 20 jährigen anfangen.

Und dann hat sich relativ logisch, über die Kollegin in Bonn, ergeben. Dadurch, dass den Inspizienten oft an der Bühne stand und ich ja so über die Schulter geguckt hab, hat sich dann ergeben. Na ja, aus all dieser Erfahrung, die du jetzt in der freien Szene mit gemacht hast „ich bau mir die Bühnen selber auf“, „ich fahr Licht für andere Leute“, „ich fahr ton für andere Leute“, all die Sachen, die ich ja ohnehin schon gemacht habe, und die Erfahrungen, die ich halt auch habe als Darsteller auf der Bühne, was ich glaube, für den Inspizienten Berufen nicht so unerheblich ist, wirklich einschätzen zu können wie reagieren die (die auf die Bühne stehen) in welchem Moment.

Dass war für mich der logische Schluss. All die Sachen, die ich über die Jahre so erfahren hab und mitgenommen hab, zusammenzubringen, und zu sagen: so, da kann ich eigentlich dieses ganze wissen, was ich so angehäuft habe, das klingt ja zu groß, aber, wo kann ich das denn irgendwie kanalisieren, in was Sinn macht und mir vielleicht auch Spaß machen könnte? Und daraus hat sich das Inspizient-sein ergeben.

Und was ganz schön ist, in diesem Inspiziensein, ist dass du einerseits total allein bist, du bist für dich in diesem Vorstellungs-Geschehen und hast irgendwie wahnsinnig viel Verantwortung, und bist andererseits aber, total eingebunden in ein Team von ganz vielen Menschen. Du bist mit ganz vielen Leuten zusammen und gleichzeitig bist du allein. Und das ist irgendwie ganz toll.

Und das ist lustigerweise auch ja, so ein bisschen was, so am Tänzer sein, glaub ich, auch so ist. Du bist einerseits Solist, ja, auf eine Art immer, glaub ich, und andererseits was ich vorhin gesagt habe, war mir aber auch mal total wichtig, Teil einer Gruppe zu sein, und mit anderen verbunden zu sein. Und dass hat irgendwie jetzt auch beides.

Wie hast du nach einem neuen Job gesucht? Hast du explizit versucht, im Bereich der Kultur, des Theaters oder der Tanz zu suchen, oder war es Zufall? Wie bist du zu deinem neuen Job gekommen…? Wie zufrieden bist du mit deinem neuen Job…?

 Anfangs wusste ich nicht so genau wohin ich nach einem neuen Job suchen sollte, und hab dann die Kollegin aus Bonn gefragt, wenn ich jetzt Inspizient werden wollen würde, was muss ich denn dafür machen? Die hat gesagt, naja, in Deutschland bist du halt ein bisschen gearscht, weil es gibt halt keine Ausbildung und kein Studium und gar nichts. Kannst halt einfach nur hospitieren und dann ist es halt learning by doing, und ob du es kannst oder nicht, wird sich dann herausstellen. Ich habe tatsächlich im Bereich Theater gesucht. Das es sich jetzt so ergeben hat ist schön. Hätte natürlich auch anders laufen können.

Versorgungsaspekte / Ökonomisch / Finanziell…? Wie war es vorher, wie ist es jetzt?

Diese Festanstellung zu haben ist, Ökonomisch gesehen, natürlich besser als in der freien Szene zu tanzen. Auf jeden Fall. Es ist halt natürlich der sichere Job, was sich halt ganz stark gezeigt hat, als, nach einem halben Jahr Festanstellung, diese Pandemie, die wir jetzt haben, angefangen hat. Wo ich natürlich wirklich allen dankbar dafür bin, dass ich gerade in dieser Zeit jetzt, dieser Festanstellung hatte, und eben nicht suchen musste. Wo gerade eben im Kultur Bereich, als freischaffend tätig zu sein, ganz problematisch wäre. Sondern, sagen zu können, nee, ich bin in dieser Institution und werde hier auf jeden Fall bezahlt. Das ist ja nicht so gewesen, dass wir wahnsinnig viel frei gehabt hätte oder nicht gearbeitet hätte, sondern wir haben ja auch ziemlich viel gearbeitet, ja auch ziemlich durchgearbeitet eigentlich.

Planbarkeit des Lebens für Tänzer / Hattest du im Voraus schon Pläne fürs „Danach“ gemacht…? Sind dieser Pläne so geworden, wie du sie es vorgestellt hast? Betrachte dabei sowohl das Berufliche als auch das Private…

Wie gesagt, ich hatte eigentlich keine Pläne fürs Danach gemacht. Es war klar, es muss irgendwann ein „Danach“ geben, aber es war nicht so, dass ich vorweg schon eine Richtung gegeben hätte, wo ich gesagt hätte dahin wird es auf jeden Fall.

 Was würdest du junge Tänzer*innen raten…? Wie sollen sie, im Vorfeld, mit der Vorstellung/Tatsache, umgehen, dass Tanzen nicht für immer ist?

 Ich würde junge Tänzer*innen  folgendes auf den Weg geben: Es ist, glaube ich, wichtig zu schätzen oder wissen, was man als Tänzer*inn so hat. Also sich dessen bewusst zu sein, (das klingt immer so groß aber), was für ein Privileg ist es, dass zu machen was man will, also dass man wirklich die Chance hat, dass jetzt auch machen zu können.(*) (* = Lezte Monat: Vortanz für das Ballett Mainz: 1.400 Bewerber für 5 freie Stellen)

Ja, also wirklich, was für ein Privileg es ist, das man dass machen darf. Und das man dass ausführen darf. Diese Zeit die man hat, bewusst zu genießen, und dass, auf jeden Fall wertzuschätzen.

Es ist auch wichtig sich bewusst zu machen wie schnell sowas ja auch zu Ende sein kann, wie schnell es auch anders kommen kann. Dazu haben wir, glaube ich, auch alle genug Beispiele gesehen. Ich komme auch nochmal ganz zurück auf was ich vorhin gesagt habe, wo ich ja mal der Idee hatte, Profi Gesellschafts-Tänzer zu werden, wo damals ein Trainer von mir einen schweren Autounfall hatte, er was Vize-Weltmeister glaube ich, und danach komplett aufhören musste zu Tanzen. Er ist Trainer geworden, aber wo klar war, er wird nie wieder dass ausführen können.

Denn, es kann wirklich, von einem Tag auf den anderen einfach vorbei sein, auch ohne eigenes Verschulden.

Mein Vater hat damals zu mir gesagt, ich sollte auf jeden Fall mein Abitur erstmal machen, bevor ich so einen schnitt Plan mache. Mann sollte sich zumindest irgendeine Basis für einen Plan B machen. Ich glaube nicht, das man unbedingt diesen Plan B haben muss, aber ich glaube schon, dass es wichtig ist, dass man sich dessen bewusst ist, dass es so ist. Und das eben von heute auf morgen vorbei sein kann, und zu wissen, okay, irgendwann ist es dann auch definitiv vorbei, also weil die wenigsten Leute mit 90 dann noch auf der Bühne tanzen, wenn sie so alt werden.

Verbesserungsvorschläge…

Die Frage ist ja, wenn dass (Tanzkarriere) zu Ende ist, was dann.

Wie kann man es ermöglichen ne Chance an Ex-Tänzer*innen zu geben, sich auch erstmal zu finden, und vielleicht zu gucken, so, was können wir danach machen? Denn, dieser Tänzer*innen Beruf ja einen sehr kürzeren Zeitraum Beinhaltet. Da gibt es relativ wenig, meines Wissens nach, und eben wenig Möglichkeiten finanziell und sonst wie, die Chance zu haben sich langsam damit zu beschäftigen, mit dem was könnte das sein? Weil natürlich hat man die Zeit vorher nicht. Der Tag ist voll, und auch wenn ich vorhin gesagt hab, muss das ins Bewusstsein, aber man kann sich nicht tagtäglich damit beschäftigen.

Wenn du noch mal geboren würdest… würdest du wieder Tänzer werden?

Dass Spannende ist ja, wie wir das ja schon geklärt haben, dass, wie ich Glaube, vermutlich kommt man ja als Tänzer auf die Welt. In so fern, würde ich wieder als Tänzer auf die Welt komme, dann würde das wahrscheinlich so ähnlich wieder ablaufen, denke ich, also dann würde sich das irgendwie seine Bahn suchen. Von daher gehe ich davon aus, selbst wenn meine Eltern das nicht gemacht hätten, glaube ich, irgendwann hätte sich das. Oder wer weis, wäre dann eben vielleicht nicht Berufs Tänzer geworden, sondern Freie Fassaden Kletterer, der irgendwas anbringt, weiß ich nicht was dann geworden wäre, hätte dann irgendwas anderes werden können.

Gibt es sonst noch etwas, was du noch sagen, ergänzen möchtest?

Diese spannende Frage, ob mir diese Tänzer sein auf der Bühne fehlt, was natürlich Leute die nicht mit Bühne zu tun haben nicht betrifft, aber weil mich das viele Kollegen auch jetzt fragen, so wie ist es denn? Du bist jetzt da und siehst uns auf der Bühne und siehst, dass wir jetzt auf die Bühne sind, fehlt dir das? Was macht das mit dir? Wo ich sagen muss, das hab ich überhaupt nicht. Also dieses auf der Bühne sein, das fehlt mir gar nicht, also das fehlt mir wirklich überhaupt nicht. Ich sehe überhaupt nicht die Notwendigkeit, weder für mich noch für irgendeinen Zuschauer oder Mitspieler warum ich mich da auf die Bühne stellen sollte. Und das finde ich schon eine interessante Beobachtung, weil ich bei vielen Menschen aus dem künstlerischen Bereich, gemerkt hab, die finden dann den Absprung nicht. Wo die immer weiter das noch machen müssen, und man denkt ja, du zerstörst halt jetzt gerade so ein bisschen das Bild was man von dir hatte.

Für mich muss ich sagen, es war ein guter Moment. Es ist genug. Weil der eben auch wirklich selbstbestimmt aus dem Gefühl rauskam. Es ist jetzt auch genug, den ich weiß nicht mehr, warum ich das machen soll. Wo ich Vorstellungen hatte, wo ich Währenddessen an völlig andere Sachen gedacht hab, und irgendwie dachte so in dem Moment, wo du jetzt nicht mal mehr konzentriert bist auf das, was du da tust, sondern denkst an was du nachher einkaufen muss, oder so, hast du auch eigentlich keine Berechtigung mehr das zu tun (auf der Bühne zu sein). Denn, da sind wir wieder bei die tausendvierhundert anderen Leuten die das wertschätzen würden und das es auch wirklich gerne machen würden. Also warum soll ich, der dass jetzt überhaupt nicht mehr wichtig  nehmt, und der überhaupt gar nicht mehr weiß, warum er das jetzt gerade machen soll, und nicht jemand anders. Warum soll ich da jemanden den Platz wegnehmen oder was behaupten, wenn wir wieder beim Thema „behaupten auf der Bühne“ sind, was behaupten was überhaupt nicht für mich gerade noch eine Relevanz hat? So und ich glaube, in dem Moment dann zu sagen: So Cut, da muss was anderes kommen, dass, glaube ich, ist der richtige Moment. Es ist, glaube ich, ein sehr guter Moment gewesen, soeben diesen Übergang weg vom Tanz und von der Bühne zu machen.

Olaf Reinecke, Lübeck 2000